Geschlechtergerechtigkeit in der Medizin: Warum Frauen in der Gesundheitsforschung oft übersehen werden

2025-04-20
Geschlechtergerechtigkeit in der Medizin: Warum Frauen in der Gesundheitsforschung oft übersehen werden
Freundin

Gesundheit ist nicht gleich Gesundheit – für Männer und Frauen. Ein wachsendes Bewusstsein für den sogenannten „Gender Health Gap“ macht deutlich, dass medizinische Forschung und Behandlung oft auf männlichen Körpern basieren und die spezifischen Bedürfnisse von Frauen vernachlässigen. Dr. Gizelle Baker, Expertin für Gender Health, erklärt in diesem Interview, warum diese Ungleichheit besteht, welche Folgen sie hat und wie wir sie beheben können.

Der Gender Health Gap: Ein strukturelles Problem

Der Gender Health Gap ist kein neues Phänomen, sondern das Ergebnis jahrzehntelanger wissenschaftlicher Praxis, bei der Männer oft als Standard gesetzt wurden. „Historisch gesehen wurden Studien häufig nur an Männern durchgeführt, weil man annahm, dass ihre Physiologie repräsentativ für die gesamte Bevölkerung sei“, erklärt Dr. Baker. „Das ist natürlich nicht der Fall. Frauen haben andere hormonelle Schwankungen, andere Stoffwechselprozesse und reagieren oft anders auf Medikamente.“

Ein Beispiel hierfür sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Lange Zeit wurden diese Erkrankungen primär im Hinblick auf Männer erforscht, wodurch typische Symptome bei Frauen oft übersehen oder falsch interpretiert wurden. Dies führte zu verzögerten Diagnosen und schlechteren Behandlungsergebnissen für Frauen.

Mangelnde Sichtbarkeit von Frauen in der Wissenschaft

Ein weiteres Problem ist die geringe Repräsentation von Frauen in der Wissenschaft selbst. „Wenn Frauen in der Forschung fehlen, werden auch ihre Perspektiven und Bedürfnisse vernachlässigt“, betont Dr. Baker. „Es ist wichtig, dass wir mehr Frauen in die medizinische Forschung einbeziehen, sowohl als Forschende als auch als Teilnehmerinnen an Studien.“

Dies erfordert gezielte Maßnahmen, um Frauen zu fördern und ihnen gleiche Chancen zu bieten. Dazu gehören Mentoring-Programme, flexible Arbeitsmodelle und die Bekämpfung von Vorurteilen und Diskriminierung in der Wissenschaft.

Die Folgen des Gender Health Gap

Die Folgen des Gender Health Gap sind vielfältig und gravierend. Sie reichen von verzögerten Diagnosen und ineffektiven Behandlungen bis hin zu einer erhöhten Sterblichkeit bei Frauen. Einige Beispiele:

  • Autoimmunerkrankungen: Frauen sind deutlich häufiger von Autoimmunerkrankungen betroffen, aber die Forschung zu diesen Erkrankungen konzentriert sich oft auf männliche Modelle.
  • Schmerzforschung: Die Wahrnehmung und Behandlung von Schmerzen kann bei Frauen anders sein als bei Männern. Eine bessere Schmerzforschung ist notwendig, um Frauen angemessen zu behandeln.
  • Psychische Gesundheit: Frauen leiden häufiger unter Depressionen und Angststörungen, aber die Ursachen und Behandlungen dieser Erkrankungen werden oft nicht ausreichend erforscht.

Was kann getan werden?

Dr. Baker plädiert für eine umfassende Reform der medizinischen Forschung und Praxis. „Wir brauchen eine Gender-sensible Medizin, die die spezifischen Bedürfnisse von Frauen berücksichtigt“, sagt sie. „Das bedeutet, dass wir Studien geschlechtergerecht gestalten müssen, Daten nach Geschlecht aufschlüsseln und die Ausbildung von medizinischem Personal in Bezug auf Gender Health verbessern müssen.“

Darüber hinaus ist es wichtig, das Bewusstsein für den Gender Health Gap in der Öffentlichkeit zu schärfen und Frauen zu ermutigen, ihre Gesundheit aktiv in die Hand zu nehmen. Nur so können wir eine gerechtere und effektivere Gesundheitsversorgung für alle gewährleisten.

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