ChatGPT als Therapeut? Junge Menschen suchen psychologische Hilfe bei KI – Eine Sorge für die mentale Gesundheit?

2025-08-01
ChatGPT als Therapeut? Junge Menschen suchen psychologische Hilfe bei KI – Eine Sorge für die mentale Gesundheit?
WELT

Die Suche nach psychologischer Unterstützung gestaltet sich für junge Menschen in Deutschland zunehmend schwierig. Lange Wartezeiten und ein Mangel an Therapieplätzen führen dazu, dass viele den Weg zu alternativen Lösungen suchen – und eine davon ist ChatGPT. Auf Plattformen wie TikTok teilen junge Menschen ihre Erfahrungen, wie sie die KI-gestützte Konversation nutzen, um mit ihren Problemen zu sprechen. Doch ist das wirklich eine Lösung oder birgt es Risiken für die mentale Gesundheit?

Die Situation: Therapieplätze werden knapp

Die Nachfrage nach psychologischer Betreuung, insbesondere bei jungen Menschen, ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Gründe dafür sind vielfältig: Leistungsdruck, soziale Medien, die Auswirkungen der Corona-Pandemie und allgemeine Unsicherheiten über die Zukunft. Gleichzeitig bleibt das Angebot an Therapieplätzen oft hinter den Bedürfnissen zurück. Dies führt zu langen Wartezeiten, die viele potenzielle Patienten frustrieren und dazu veranlassen, nach schnelleren Alternativen zu suchen.

ChatGPT als Gesprächspartner: Eine wachsende Tendenz

ChatGPT und ähnliche KI-Modelle bieten eine scheinbar einfache Lösung: Sie sind rund um die Uhr verfügbar, anonym und kostenlos. Junge Menschen nutzen sie, um über ihre Ängste, Sorgen und Probleme zu sprechen. Auf TikTok kursieren Videos, in denen User erzählen, wie ChatGPT ihnen geholfen hat, mit Stress umzugehen, Ängste zu bewältigen oder einfach nur jemanden zum Reden zu haben. Die Anonymität spielt hier eine große Rolle, da viele junge Menschen Scham empfinden, sich professionelle Hilfe zu suchen.

Die Grenzen der KI: Kann ChatGPT wirklich helfen?

Obwohl ChatGPT in der Lage ist, menschenähnliche Gespräche zu führen und tröstende Worte zu finden, ist es wichtig zu verstehen, dass es kein Ersatz für eine professionelle Therapie ist. KI-Modelle basieren auf Algorithmen und Daten, die ihnen zur Verfügung gestellt werden. Sie können keine Diagnosen stellen, keine individuellen Therapiepläne erstellen und keine emotionalen Bedürfnisse in dem Maße erfüllen wie ein ausgebildeter Psychotherapeut. Die Gefahr besteht, dass junge Menschen sich zu sehr auf ChatGPT verlassen und dadurch den Zugang zu einer notwendigen professionellen Behandlung verzögern.

Risiken und Bedenken

Neben dem Fehlen einer professionellen Qualifikation gibt es weitere Risiken bei der Nutzung von ChatGPT als psychologische Unterstützung:

  • Fehlinterpretationen: ChatGPT kann Aussagen falsch interpretieren und unangemessene Ratschläge geben.
  • Datenschutz: Die Gespräche mit ChatGPT werden gespeichert und könnten potenziell missbraucht werden.
  • Abhängigkeit: Die ständige Verfügbarkeit von ChatGPT kann zu einer Abhängigkeit führen und die Entwicklung gesunder Bewältigungsstrategien behindern.
  • Verfälschung der Realität: Die KI kann eine verzerrte Sichtweise auf Probleme vermitteln und die Suche nach realen Lösungen erschweren.

Fazit: Ein Hilfsmittel, aber kein Ersatz

ChatGPT kann in bestimmten Situationen eine vorübergehende Unterstützung bieten, insbesondere wenn der Zugang zu professioneller Hilfe erschwert ist. Es ist jedoch wichtig, sich der Grenzen und Risiken bewusst zu sein. Junge Menschen sollten ChatGPT nicht als Ersatz für eine Therapie betrachten, sondern eher als ein zusätzliches Hilfsmittel, um ihre Gedanken zu ordnen und erste Schritte zur Bewältigung ihrer Probleme zu unternehmen. Die Politik und die Gesundheitssysteme sind dringend aufgefordert, die Verfügbarkeit von Therapieplätzen zu verbessern und junge Menschen frühzeitig über die Bedeutung der mentalen Gesundheit aufzuklären.

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